Saturday, October 29, 2011

Qualität ist ein Käsebrot

Es ist Mittwochnachmittag an einem sonnigen Herbsttag Ende Oktober; draußen ist es kalt, obwohl die Sonne sich ziemlich anstrengt und nach allen Möglichkeiten strahlt; aber sie schafft es nicht und wir frieren. In der Phil Fak jedoch, im Hörsaal 01, herrschen tropische Temperaturen.
Es ist wieder einer dieser Tage, an denen eine dieser Veranstaltungen stattfindet, die den doppelten Jahrgang und die Wehrpflichtbefreiten mit einem Male sichtbar macht. Als hätte man einen Indikator über sie gekippt, als leuchteten sie alle plötzlich in grellem pink. Überall sind sie, sitzen auf den Stühlen, auf den Fensterbänken, auf dem Boden. Neben mir.

Es ist das erste Mal, dass  ich in einer Veranstaltung auf dem Boden sitzen muss. Ich komme gerade aus einem Anthropologie-Seminar, wo wir zu sechst (inkl. Dozent) ganz locker über musikhistorische Zusammenhänge sprachen. Sogar Instrumente wurden uns in die Hände gedrückt. Aber noch nicht einmal die Flöte könnte man hier unter den knapp 300 Anwesenden herumgeben, ohne dass sie nicht erhebliche Schäden mit sich tragen oder gar verschwinden würde.

Es geht um die Grammatik des Deutschen. Und das scheint heute sehr viele zu interessieren. Vorne kämpfen zwei Dozentinnen um die Aufmerksamkeit der tobenden Menge, die sich piekt und schiebt und sich gegenseitig die Ellen in die Seiten drückt. Das Volumen des Hörsaals ist schon längst erreicht, Missmut und Stagnation machen sich breit.

Und die beiden Dozentinnen, die trotz Lärm und Rascheln und Flüstern ihre Folien durcharbeiten und Strukturen und Verbformen erklären, können so gut sein wie sie wollen; die Qualität der Lehre leidet gerade ganz offensichtlich. Denn wenn die Butter doppelt so dick ist wie das Brot, und der Käse doppelt so dick ist wie die Butter, dann kann das Brot so dick sein wie es will. 
Die Cleveren unter uns warten auf die Anwesenheitsliste, unterzeichnen mit einer geschmeidigen Handbewegung, verlassen den Raum und treten ins Leere. 

No comments:

Post a Comment