Monday, January 2, 2012

Der ewige Vorsatz mit dem Vorsatz. oder: Startenergie nutzen

Der Mensch mag Zeichen.
Er setzt sehr viel in Zeichen, hält sehr viel von Zeichen; von Flaggen und Hymnen, von Speisen und Worten, von Orten und, ja, von Daten ganz besonders.
Daten wie etwa dem magischen endjahreszeitlichen Datum des 31.12.

Etwas geht zu Ende.
Und zwar nicht irgendetwas, sondern ein ganzes Jahr. 
365 Tage, die wir mit Zeit gefüllt haben. 
Zeit, die wir sinnvoll oder auch sinnlos verbracht haben, die wir zu nutzen verstanden oder die wir wie Sand durch unsere Hände laufen ließen.
Und gerade dieser Stundensand, den wir nicht nutzen konnten, den wir nicht zu nutzen vermochten, ist es, der uns dabei viel eher im Gedächtnis haften bleibt, wenn wir das Jahr Revue passieren lassen. 

Wir erinnern uns an das, was uns nicht gelang. 
Was uns immer noch quält. 
Was uns an uns selbst stört. 

Weil wir diejenigen sind, die uns selbst am besten kennen, und weil wir die einzigen sind, die uns selbst verändern können, taucht Jahr für Jahr zum Ende der vergangenen 365 Tage ein Phänomen auf, das uns alle beschäftigt, - selbst wenn wir uns damit nicht beschäftigen: Der Vorsatz. 
Dabei müsste man viel eher von einem Vorsatz des Vorsatzes sprechen; denn wie eine gutmütige Großmutter setzen wir uns selbst Ideen in den Kopf eines Kindes, das hoch und heilig verspricht, ein ganzes Jahr auf Süßigkeiten zu verzichten. 
Die Süßigkeit, - das mag für jeden sein, was auch immer es ist.  
Aber was auch immer es ist, - wir gestehen nicht gerne, dass es uns schwach macht. 
Dass wir schwach werden, wenn es um die Wurst geht, wenn es um diese eine Süßigkeit geht. 

Und wir sind dem ganzen so sehr verfallen, dass wir es das ganze Jahr hindurch nicht schaffen, uns zusammenzureißen, uns zu disziplinieren und Körper und Geist zu trennen. 
Mehr noch: wir brauchen nicht nur eine Datumsgrenze, um dem Allem abzuschwören; nein. 
Wir brauchen eine Jahresgrenze. 
Und eben diese Jahresgrenze, diese scheinbare Distanz von vierundzwanzig lächerlichen Stunden bewirkt etwas in uns, eine Startenergie nämlich, die uns einen Auftrieb verschafft, die uns schnell und stark werden lässt, wo wir einmal schwach waren. 
Zumindest gedanklich. 
Zumindest vor Jahresende bzw. -beginn. 

Denn während der 31. 12. Thema ist, wird der 01.01. auffällig gemieden. 
Vielleicht, weil alle schon wissen, dass es dann mit den Vorsätzen dahin ist, dass man wieder schwach wird und auf eine andere gesellschaftlich zelebrierte Wesensveränderung wartet. 
Oder einfach nur auf einen Anlass. 
Vielleicht, weil wir irgendwie wissen, dass man keine Energie benötigt, um mit etwas aufzuhören; viel eher sollten wir die zuvor anders verbrauchte Energie nun übrig haben. 
Und nutzen können. 

Denn Vorsätze bringen uns einzig vom 31. Dezember in den 01. Januar. 
Selten jedoch weiter. 
Vorsätze sind begrenzt. Beinahe zeitlich begrenzt. 
Dabei gibt es etwas ähnliches, etwas, das uns bekannt vorkommt, einem Vorsatz gleicht, jedoch inmitten des Jahres geschieht. Und wir nennen es Idee oder Plan. 
Ideen und Plänen ist ein weitaus längeres Dasein beschert als den ewig lästigen Vorsätzen, die doch viel eher Produkt eines schlechten Gewissens sind. 
Ein Gewissen, das, gespeist von Weihnachtsenten oder Plätzchen, fremde und unangenehme Formen annimmt; und im Vorsatz endet.  

Einen Vorsatz erkennt man an seinem endjahreszeitlichen Auftritt.
Eine Idee an der Wurzel ihrer Überzeugung, - und ihrer unvorhersehbaren Erscheinung. 

Mag man meinen. 
Muss man nicht. 
Das Entscheidende ist viel eher, was man daraus macht. 

Und wenn wir nun erkennen, dass der erschreckend gleiche Vorsatz aus den Jahren 2008, 2009 und 2010 2011 erneut erschien, dann müssen wir uns vielleicht ernsthaft mit dem Gedanken beschäftigen, dass diese kleine Süßigkeit nun einmal unverzichtbar für uns ist. 
Ob sie nun gesund ist oder nicht. 
Dann müssen wir uns vielleicht tatsächlich darin üben, Schwäche in Stärke umzuwandeln. 
Oder tatsächlich das zu ändern, was wir ändern wollen. 

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