Thursday, March 1, 2012

So richtig in Cappel

oder: Lerne deine Stadt kennen

Der großstädtische Student, den einzig der Wissenserwerb aus der Heimat und nach Marburg trieb, beschwert sich gerne mal über diese kleine Stadt in Hessen.
Über klaustrophobe Gassen und zu wenig Zentrum. Über zu viel außerhalb und zu wenig innerhalb. Über Langeweile und Großstadtgelüste, über Stille und Nachbarsgeflüster.
Der überzeugte Wahlmarburger hingegen, beantwortet all diese empörten Beobachtungen mit einem Lächeln.

Natürlich. Marburg ist nicht groß. Aber das muss es ja auch gar nicht sein.
Neblig ist es hier bei Zeiten und trostlos kann es sein am Bahnhof.
Das ist es aber überall.
Auch in Berlin. Auch in Bochum. Auch in Köln oder Frankfurt.

Und vorsichtig sollte man sein, eine Stadt mit lamentierendem Gesicht als klein zu bezeichnen.
Denn auch eine Stadt wie Marburg kann auf einmal ganz groß werden.

Cappeler Nachtimpressionen:
Es ist dunkel.
Ich war noch nie in Cappel.
Also, so richtig in Cappel.

Am Südbahnhof? Ja.
Im Stadtbüro? Ja. (Dafür gibt es Zeugen)
Im Kult? Ja.
Aber in Cappel?
Nein.

Ich habe eine ungefähre Ahnung, wo dieser Stadtteil liegt. Vom Schloss aus hat man einen guten Blick bis nach Cappel.
In Cappel sieht man das Schloss aber nicht mehr. Das Schloss, von der Oberstadt umgeben wie ein sorgsam gebautes Vogelnest aus Stein und Fachwerk, - es ist weit und weg.
Und es ist dunkel hier.
Die letzte Leuchtreklame, an die ich mich erinner, gehörte zu einem Diskounter.
Zehn Minuten Fahrt seit dem.
Durch Cappel.

Es ist still hier, ruhig und dunkel. Wir verfahren uns, biegen in einsame Straßen ein und wie im Erzgebirge geht es rauf und runter.
Auch hier stehen vereinzelte Fachwerkhäuser, die uns erinnern, dass wir in Marburg sind. Weite Felder liegen direkt neben der Straße.
Wenn die Busfahrer streiken, so wie am Montag, braucht man mit dem Fahrrad eine halbe Stunde bis zum Südviertel. 
Wir sind beeindruckt. Und schweigen. 
Wer denkt, Marburg sei klein, hat Cappel nicht gesehen. 

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