Thursday, April 19, 2012

Mit Kek Lang im Wohnzimmer Teil I

Wir verlassen Nyirbator im Auto und fahren in ein etwa 10 Kilometer entferntes Dorf. 
Hier, so berichtet Marika uns während der Fahrt, lebt eine Roma-Band, eine Familie. 
Sie nennen sich Kek Lang, und sind bereits in mehreren Filmen aufgetreten.  

Noch sind wir vollkommen eingenommen von den Begegnungen des Vormittags, so viel unerwartete, unvorstellbare Praxis, die sich nach einer Woche der Theorie versteckte. 
Wir wollen unsere Gedanken, unsere Beobachtungen aufschreiben, doch wir haben keine Zeit, und so oder so können wir nicht so schnell schreiben, wie wir wollen.


Miklos vor seinem Haus
Wir biegen in eine Straße ein, die eher einem Feldweg gleicht. Sand treibt über ein angrenzendes Feld und die Kulisse erinnert an einen Western. 
Wir sind im Romaviertel des Dorfes, am letzten Haus der Straße hält Marika.
Miklos wohnt hier, Miklos, der Älteste der Kek Lang-Familie.

Als wir das kleine Haus betreten, werden wir so herzlich empfangen, als seien wir die lang verschollenen Söhne und Töchter der Familie. Nach fünf Minuten halten wir Schnaps und Kaffee in den Händen, ein kleiner Tisch ist zum Bersten beladen mit gefüllten Paprikas, Fleisch und Kuchen. 
Miklos steht in der Tür. 
Man sieht ihm seine mehr als 80 Jahre an, doch in der Hand hält er seine Bratsche wie eine Trophäe, ein Artefakt, das aus ihm einen Künstler macht. 
Als wir uns setzen wollen, schütteln die etwa acht Menschen um uns wild die Köpfe. 
Nein, nein, nein, wir gehen doch jetzt ins Wohnzimmer nach nebenan, nach nebenan, da wird jetzt Musik gemacht!
Sie lachen. 

Ein bisschen perplex verlassen wir Miklos Haus und folgen der Straße zum übernächsten Haus. Alle, die hier wohnen, sind miteinander verwandt. 
Wir betreten ein buntes Wohnzimmer, werden auf Stühle gelotst, wir bekommen einen neuen Schnaps, schütteln neue Hände, sehen neue Gesichter, hören neue Geschichten und verzweifelt versucht man, uns den Familienstammbaum zu erklären.
Was wir uns merken können: alle hier sind mit Miklos verwandt. 
Einige von ihnen heißen sogar so. 

Und dann beginnen sie bereits, zu singen. 
Ein jeder von ihnen hält irgend ein Instrument in seinen Händen, einige singen hohe Töne, andere singen tiefe Töne. Einige Frauen stehen da, beobachten uns und wenn wir nicht aufpassen, schenken sie uns Schnaps nach. 
Immer mehr Menschen kommen in das Haus von Miklos Sohn. Sie kommen, stellen sich in die Tür, steigen ohne Probleme in die Lieder mit ein, rufen, heben die Hände, tanzen. 
27 Menschen sind es schließlich, die diese Musik hier mit uns leben, das Thermometer im Wohnzimmer der Kek Lang-Familie zeigt 33 Grad an.

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